Reportage: Das Augsburger Heilig-Kreuz-Spiel – Epische Fassung eines spätmittelalterlichen Spiels.
Geschrieben von UK an 08/07/2019

Alle Fotos der Aufführung: Andreas Franz
Reportage: Das Augsburger Heilig-Kreuz-Spiel – Epische Fassung eines spätmittelalterlichen Spiels.
Das Sensemble-Amateurtheater unter der Leitung von Daniela Nering führte am 5. Juli 2019 das geistliche Schauspiel vor der Moritzkirche in Augsburg auf.

Augsburger Heiligkreuzspiel (Tag 1: Kreuzauffindung)

ugsburger Heiligkreuzspiel (Tag 2: Kreuzerhöhung)
Die Wundermacht Gottes, der Kampf gegen die Heiden und Juden und deren Bekehrung, die Rückeroberung des Kreuzes und seine Rückführung nach Jerusalem – das sind die großen Themen des Augsburger Heilig-Kreuz-Spiels, das um 1500 aufgezeichnet wurde. Das Personal reicht dabei von Kaiser Konstantin, der heiligen Helena, dem Perserkönig Costras bis hin zum Juden Judas, der nach seiner Bekehrung Quiriacus heißt. Das Spiel gewährt einen spielerischen Einblick in eine jahrhundertealte, hochpolitische und gefährliche Denkweise, die überwunden scheint. Doch so mancher Konflikt trägt sich bis heute fort und bleibt brisant.
Das Sensemble-Amateurtheater stellt sich dieser Herausforderung und spielt, mit wissenschaftlicher Begleitung von Prof. Klaus Wolf, eine eigene Fassung dieses spätmittelalterlichen Spiels. Da eine Aufführung in Augsburg nicht bezeugt ist, könnte es sich sogar um eine Uraufführung handelt, auf jeden Fall aber um eine in der Neuzeit.
Prof. Dr. Klaus Wolf, für Deutsche Literatur und Sprache des Mittelalters und der Frühen Neuzeit mit dem Schwerpunkt Bayern, lieferte die Vorlage für die Neuinszenierung dieses volkstümlichen Spiels. Erst Prof. Wolf fragte nach, was dieses alte Spiel mit Augsburg zu tun haben könnte. Immerhin liegt es als Abschrift in der Sammlung eines Augsburger Sammlers. Damals galt die Aufführung solcher religiöser Spiele als ablassverheißend. Nicht nur für die Akteure, sondern auch die Zuschauer. So waren solche Stücke gleichermaßen Spektakel und Seelenspeise.
Aufführung in kurzen Worten
Die Schauspieler tragen alle die gleiche schwarze Kutte und nur ihre abstrakten Zeichen die sie umhängen haben, zeigen dem Zuschauer ob sie Christen, Juden oder Moslems sind. Ganz nach Manier des epischen Theaters wechseln die Symbole die Schauspieler bzw. die Schauspieler ihre Glaubenszugehörigkeit. Auf der Bühne toben Schlachten, sterben Menschen, hungern Gefangene und rollen Köpfe aber alles ohne Schwerter, Dolche oder sonstige Requisiten.
Das Sensemble-Amateurtheater stellt sich dieser Herausforderung und spielt, mit wissenschaftlicher Begleitung von Prof. Klaus Wolf, eine eigene Fassung dieses spätmittelalterlichen Spiels. Da eine Aufführung in Augsburg nicht bezeugt ist, könnte es sich sogar um eine Uraufführung handelt, auf jeden Fall aber um eine in der Neuzeit. Zur besseren Orientierung der Zuschauer und auch zur Relativierung mancher sehr zeit- und gegenwartsferner Situationen hat die Regisseurin dem Spiel zwei Kommentatoren beiseite gestellt.
Daniela Nering (Regisseurin), wurde am Münchner Schauspielstudio zur Schauspielerin ausgebildet. Seit ihrem Abschluss dort wirkt sie in zahlreichen Produktionen am Sensemble Theater mit. Sie hält zudem zahlreiche Lesungen und leitet seit 2007 die Amateur-Theatergruppe Actpool und gibt Workshops. Daniela Nering lebt in Augsburg.
Interview mit Daniela Nering nach der Aufführung des Heilig-Kreuz-Spiels
Sebastian Seidel, (Intendant) Dr. phil, geb. 1971, promovierte über „Der Mann ohne Eigenschaften“ von Robert Musil und arbeitet vor allem als Dramatiker, Regisseur und Theaterleiter, außerdem als Lehrbeauftragter der Universität Augsburg, als Theaterberater des Bezirk Schwaben und als Vorstand des Verbandes „Freie Darstellende Künste in Bayern“.
Seit 2000 leitet er das von ihm gegründete Sensemble Theater Augsburg, eine freie Bühne für zeitgenössische Dramatik. Er erhielt den Kunstförderpreis, die Ehrenmedaille und den Zukunftspreis der Stadt Augsburg. Seine Theaterstücke werden international gespielt.
Zuletzt erschienen „Theater-Marathon. Zehn Theaterstücke“ (2012), „Tales of Two Cities“ (2014, gemeinsam mit Andreas Nohl), „Jakob Fugger Consulting“ (2015/2017) und „KLAVIERKIND“ (2017).
Interview mit Sebastian Seidel nach der Aufführung des Heilig-Kreuz-Spiels